Regine Schmidt-Morsbach zeigt im Hitze-Haus „Nur die Allerbesten“


Von Gerhard H. Kock, Westfälische Nachrichten, 08.06.2020







Münster. Keine beherrscht in Münster Wasser und Farbe so wie Regine Schmidt-Morsbach. Und keine hat einen derart klugen Blick auf den Menschen. Germanen vermuteten die Seelen im Wasser. „Schmimo“ macht Seelen des Menschen mit Farbe sichtbar. Wie jene durch und durch selbstbewusste, nein souveräne Frau mit den verschränkten Armen, die ein effektheischendes Gegenüber lediglich mit einem sachlichen Seitenblick einordnet, aber immerhin bedenkt. „Keine Konkurrenz“ steht darunter, für den, der das bislang noch nicht verstanden hatte …Selbstgewisse Fröhlichkeit wie in diesem Bild schwingt in der gesamten Ausstellung mit, die seit einigen Wochen im Franz-Hitze-Haus aufgebaut ist und jetzt eröffnet wird. „Nur die Allerbesten“ heißt sie.

Bevor der Betrachter in den Bann der Porträts gerät, sollte er sich die Bilder der Federn und Kissen ansehen. Ob das Sofa gerade gesaugt wird oder der Überfluss sich ausbreitet, in aller Prächtigkeit liegen beiläufig Kissenstapel auf Stühlen – in der Szene schnöde deplatziert, aquarelliert nun bestens in Szene gesetzt. Was ein Vogel aus seinem Kleid verlor, liest Schmimo auf und verwigt dieses Relikt als einzigartiges Wunderwerk mit all seinen Zauseln und Klebrigkeiten und Lücken. Da kann ein Feder-Bild mit dem Titel „Gelebtes Leben“ Anlass für Bilder zu einem von wilder Natur gezeicheten Leben sein. Vom Leben geprägt sund die Szenen, die Schmimo in ihre Charakter-Porträts packt. Und die sind deutlich geleitet von einer Haltung der Künstlerin: „Ich liebe Menschen“. Dabei sind des keine Studien oder Porträts wirklicher Personen, aber trotzdem authentisch reizende Einzigartigkeiten, die – aus der Wirklichkeit gespeist – im Dialog der Künstlerin mit dem Material erwachsen. Inspiration kommt aus allem, was Neugier weckt: der Nebensatz in einem Zeitungsartikel, der Gesichtsausdruck auf einem Foto, eine zufällig einprägsame Begegnung auf der Straße, Gesprächsfetzen – kurz: sobald sich eine Resonanz einstellt. Diesen Impuls gibt Schmidt-Morsbach gleichsam an Wasser und Farbe weiter; es entsteht eine Interaktion. „Aquarell ist ein Dialog auf Augenhöhe“, nennt Regine Schmidt-Morsbach diese künstlerische Haltung, die sie auch in ihren Kursen weitergibt. Durch diese Resonanz mit der Wlet und dem Dialog mit dem Material entstehen scheinbar einfach charmante Bilder mit komplexer Tiefe: In „Über alle Grenzen“ sitezn dreu Frauen nebeneinander, links eine bebrillte Kämpferin mit tiefem Dekolleté, rechts ein Machtmensch mit roter Krawatte und Fischgrät-Sakko (nur eine aus der Kontrolle geratene blonde Locke verrät Weiblichkeit), verbunden werden beide durch das freie Lachen einer Frau, deren florales Muster sich über beide Nachbarinnen ausbreitet.

„Ihr war nur gerade was runtergefallen“ fängt die seltsam amüsierten Reaktionen vieler Männer ein, als eine Frau sich bückt: die trägt zugegenermaßen dazu bei mit ihren Stöckelschuhen und dem unten unvorteilhaft engen Rock. Ein humorvoll kritischer Blick auf die Kulissen und Kostüme im großen Spiel der Gesellschaft.

Die Figur „Sehnsucht“ ist ein sich auf dem Standbein leicht nach schräg hinten lehnender Mensch, dessen Spielbein sich in der „Wässerigkeit“ Farbe zu verlieren scheint oder zu finden wünscht – die Ambivalenz einer Verzagtheit zwischen Begehren und sich Verzehren.